VOJTA ODER BOBATH
UNTERSCHIEDE
„KG-ZNS-Kinder“, Vojta oder Bobath, steht zumeist auf Ihrem Rezept, wenn es um vermutete Entwicklungsstörungen bei Ihrem Baby oder Kind geht. Wir wollen hier die Zusammenhänge und Unterschiede erklären.
„Mädchen oder Junge?“ Auf diese Frage ist wohl die beste Antwort: „Egal, Hauptsache gesund!“ Was, wenn ein Kind jedoch nicht gesund zur Welt kommt oder sich nicht so recht altersgerecht entwickelt?
Wissenschaftliche Studien zeigen uns, dass sich die Chancen explizit auf eine optimale Entwicklung erheblich verbessern, wenn Ihr Kind schon in seinem Säuglingsalter durch gezielte Therapiemethoden unterstützt wird. In beiden vorgenannten Ansätzen werden Sie als Eltern oder andere Bezugspersonen eng in das Therapiekonzept eingebunden. Das gilt für Bobath- als auch für die Vojta-Therapie.
Bobath
Das Ehepaar Bertha und Dr. Karel Bobath entwickelte schon in den 40er Jahren das nach ihnen benannte Konzept der Bobath-Therapie zur ganzheitlichen Behandlung von Kindern und auch Erwachsenen.
Insbesondere bei neurologischen Auffälligkeiten und Kindern mit Entwicklungsstörungen in Bewegung, Koordination und Wahrnehmung kommt das Bobath-Konzept zum Einsatz.
Eine wichtige Rolle in der Therapie spielt das sogenannte Handling, dem Umgang, mit dem Säugling oder Kind im Alltag wie zum Beispiel das Hochheben und Tragen, An- und Auskleiden, Füttern und förderndes Spielen, worin die Eltern ausführlich angeleitet werden.
In der Bobath-Therapie wird mit gesetzten Bewegungsanreizen das motorische Lernen u.a. auch spielerisch angeregt.
Die Umgebung des Kindes wird so angepasst, so dass es seine Bewegungsabläufe mit Hilfe des Therapeuten optimieren, also verbessern bzw. neu erlernen kann.
Durch unterstützende Handgriffe wird das Kind in seiner Regulation und Kontrolle von Haltung und Bewegung gefördert.
Ziel der Bobath-Therapie ist es die Ressourcen des Kindes zu entdecken und es in seinen Fähigkeiten soweit zu fördern, um eine größtmögliche Selbstständigkeit im Alltag zu erzielen.
Vojta
Prof. Dr. Václav Vojta, der tschechische Kinderneurologe, entwickelte wenig später in den 1950er Jahren, das nach ihm benannte Vojta-Prinzip. Er stellte insbesondere fest, dass sich durch ganz spezielle Reize die Steuerungsfähigkeit des Gehirns für Bewegung und Haltung beeinflussen lässt. Bei der von ihm entwickelten Therapie werden „normale“ Bewegungsabläufe wie Greifen, Aufrichten und Laufen nicht primär gelernt und trainiert die Anlage dieser Normalität wird aber vorausgesetzt. Die Vojta-Therapie regt durch ihre Reizsetzung vielmehr das Gehirn selbst an, „angeborene gespeicherte Bewegungsmuster“ selbst zu aktivieren.
Wichtig ist, dass mit der Vojta-Therapie daher so früh wie möglich begonnen wird.
Denn bei Ihrem Säugling ist sein zentrales Nervensystem noch sehr formbar. Die Nervenbahnen im Gehirn sind oft nur blockiert, stehen aber grundsätzlich zur Verfügung. Die Therapie kann den gesamten Reifungsprozess günstig beeinflussen.
Das Vojta-Prinzip kann eingesetzt werden
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bei zentralen Koordinationsstörungen im Säuglingsalter,
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zur Mitbehandlung von Fehlentwicklungen der Hüfte,
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bei Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule – sogenannten KISS*-Syndrom –
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oder bei verschiedenen Muskelerkrankungen.
Die Vojta-Frühdiagnostik wird heute eingesetzt, um Ihrem Kind möglichst früh und das heißt ab dem ersten Lebenstag,
eine Therapie zu ermöglichen.
Das Baby liegt in der Behandlung in der Bauch-, Rücken- oder Seitenlage, und Ihr Therapeut übt gezielte Druckreize auf bestimmte Körperzonen aus. Diese Reize aktivieren zwei Bewegungskomplexe, in denen alle Bausteine der menschlichen Fortbewegung enthalten sind: „Reflexumdrehen“ und/ oder „Reflexkriechen“. Positive Nebeneffekte der Vojta-Therapie sind unter anderem eine tiefere Atmung und eine Aktivierung des Kreislaufes und der Motorik zur Nahrungsaufnahme
(u.a. Saug-, Kau- und Schluckaktivität) und der Verdauung.
Bei beiden Therapie-Konzepten erhält das zentrale Nervensystem die Möglichkeit, Bewegungsmuster (neu) zu speichern und diese motorisch zu nutzen. Therapeutische Inhalte und Ziele werden individuell auf den jeweiligen Säugling angepasst und mit den Eltern auch in Bezug auf den Alltag und das häusliche Umfeld abgestimmt.
Die Eltern werden in der Vojta- wie auch in der Bobath-Therapie soweit angeleitet, dass sie als „Co-Therapeuten“ ihren Säugling bzw. ihr Kind täglich unterstützen können.
Neben der Therapie gehört die Beratung zu entsprechenden Hilfsmitteln für Ihr Kind genauso dazu wie der Austausch und Absprachen mit dem interdisziplinären Team (v.a. Ärzte, Ergotherapeuten, Logopäden, Psychologen, Orthopädiemechaniker und viele mehr).
Wichtig ist uns, das die Eltern in beiden Therapieformen Anleitung zum „Handling“ ihres Kindes erhalten, zum Beispiel beim Heben und Tragen, An- und Ausziehen, Wickeln, Füttern oder Baden und auch Spielen. Sie lernen, ihr Kind durch solche „fördenden Griffe“ in seiner Entwicklung positiv zu unterstützen. So können sie Ihrem Baby selbst in der frühkindlichen Bewegungstherapie entscheidend begleiten.
Dies hat insbesondere auch den Nebeneffekt,
dass Sie als betroffene Eltern aus der Passivität in die aktive Unterstützung gebracht werden.
Entwicklungsstörungen ja oder nein?
Die nachfolgenden Hinweise entstammen der Feder des sehr bekannten Prof. Dr. Dr. Theodor Hellbrügge.
Bitte sprechen Sie mit Ihrem Kinderarzt, wenn Ihnen folgende Dinge an Ihrem Kind auffallen:
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Ihr Kind hat eine Lieblingslage, in der es immer einseitig und schief liegt
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Ihr Kind hat Probleme beim Trinken
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Ihr Kind entwickelt einen „schiefen Kopf“
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Ihr Kind hält die Händchen meist „gefaustet“
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Ihr Kind ist sechs Wochen alt und schaut Sie noch nicht an
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Ihr Kind ist vier Monate alt und kann den Kopf in der Bauchlage noch nicht halten
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Ihr Kind hat Sie bis zur 16. Woche noch nie angelächelt
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Ihr Kind ist sechs Monate alt und greift noch nicht
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Ihr Kind ist sieben Monate alt und dreht sich noch nicht vom Rücken auf den Bauch
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Ihr Kind ist ein Jahr alt und krabbelt noch nicht
Wir stehen beiden Ansätzen sehr positiv gegenüber. Wir möchten sie ganz stark ermutigen, sich auf Ihr Bauchgefühl zu verlassen. Eine Mutter beobachtet Ihr Kind am meisten oder auch nicht selten die Großeltern. Wenn sich Ihre Alarmglocken bei Ihnen melden,
werden sie wach.